Berlin, 15. Dezember 2021. Die Europäische Kommission hat heute weitere Rechtsetzungsvorschläge zur Implementierung des Green Deal vorgelegt. Diese enthalten Vorschläge zur Änderung der Gasmarkt-Richtlinie und der Verordnung über den Zugang zu Gasnetzen. Außerdem sieht das Paket Regelungen zur Reduzierung von Methanemissionen vor und macht Vorschläge zur Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden. Dr. Timm Kehler, Vorstand des Branchenverbandes Zukunft Gas, sieht in den Vorschlägen Licht und Schatten:
„Die EU setzt einen Paradigmenwechsel in Gang: Aus dem Erdgasnetz soll ein System für klimaneutrale Gase wie Wasserstoff und Biogas werden. Durch den Einsatz von Biogas und insbesondere von CO2-armen Wasserstoff kann das Gassystem dekarbonisiert werden und der Klimaschutz einen großen Schritt vorankommen. Kritisch sehen wir die geplante getrennte Regulierung von Wasserstoffnetzen und Gasnetzen. Diese Vorgabe wird den Herausforderungen beim Aufbau einer europäischen Wasserstoffwirtschaft nicht gerecht und erschwert den Transformationsprozess. Zudem teilen wir nicht die Einschätzung der EU-Kommission, die den Transport von reinem Wasserstoff für effizienter hält als den Transport von Erdgas mit Wasserstoffbeimischung. Technisch sind ein gemischter Transport und eine getrennte Nutzung möglich, indem der Wasserstoff aus dem Gemisch wieder herausgefiltert wird. Gerade in der Anlaufphase der entstehenden europäischen Wasserstoffwirtschaft sollten daher alle technisch und wirtschaftlich vertretbaren Optionen offengehalten werden.
Die Ansätze der Kommission, Transparenz in die Methanemissionen von Öl, Kohle und Gas zu bringen und durch klare Zielvorgaben zu reduzieren, sind konsequent und sinnvoll. Die Branche unternimmt seit vielen Jahren große Anstrengungen, zwischen 1990 und 2018 sind die Methanemissionen der deutschen Gasindustrie bereits um 40 Prozent zurückgegangen. Die Kommission hat hier ein ambitioniertes Programm vorgelegt, wir befürworten, dass unsere Aktivitäten gemäß dem Ansatz 'What gets measured, gets managed‘ nun durch eine klare Rechtsetzung flankiert werden.
Kritisch schätzen wir dagegen die Vorschläge der Kommission zur Revision der EU-Gebäuderichtlinie ein. Die Rolle dekarbonisierter Energieträger wie Biogas und Wasserstoff findet in der Richtlinie keine adäquate Beachtung. Der durch das Gasmarktpaket eingeleitete Paradigmenwechsel wird nicht konsequent fortgesetzt. Idealisierte Energieeffizienz-Vorgaben, wie von der Kommission gefordert, versprechen in der Theorie eine Lösung, unsere praktische Erfahrung der letzten Jahrzehnte lehrt uns aber anderes. So wird eine neue Definition eines ‚Nullemissionsgebäudes‘ eingeführt, das sich in der vorgeschlagenen Form kaum oder nur zu immensen Kosten realisieren lassen wird. Entscheidende Akteure beim Bemühen um mehr Klimaschutz sind die Gebäudeeigentümer. Sie müssen bei den wichtigen Sanierungsvorhaben finanziell unterstützt und nicht mit immer neuen Vorgaben entmutigt werden. Von daher muss der Gesetzgeber hier staatliche Finanzierungshilfen zur Erfüllung der geplanten Effizienz-Mindeststandards für Bestandsgebäude von Anfang an mitplanen.“